Zweitwohnungssteuer

Zur Zweitwohnungssteuer für Wohnwagen; Genehmigung einer kommunalen Steuersatzung durch die Genehmigungsbehörde

 Leitsatz

 1. Bei Campingwagen, Wohnwagen, Wohnmobilen und Mobilheimen handelt es sich auch dann typischerweise nicht um "Wohnungen" im Sinne des Zweitwohnungssteuerrechts, wenn sie nicht nur vorübergehend zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs aufgestellt sind.

2. Die seitens des Innenministers NW und des Finanzministers NW gemäß KAG NW § 2 Abs 3 S 1 im Jahre 1990 erteilte Zustimmung zur Genehmigung der Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Winterberg, die eine Besteuerung von Campingwagen u.ä. nicht vorsah, deckt die Einführung einer Aufwandsteuer für das nicht nur vorübergehende Aufstellen von Campingwagen, Wohnwagen, Wohnmobilen und Mobilheimen nicht ab.

3. Die Genehmigung einer kommunalen Steuersatzung durch die Genehmigungsbehörde ist auch dann wegen Fehlens der Zustimmung des Innenministers und des Finanzministers insgesamt unwirksam, wenn der sich aus KAG NW § 2 Abs 3 S 1 ergebende Zustimmungsbedarf nur einen abtrennbaren Teil der Satzung betrifft.

(Parallel: OVG Münster, Urteil vom 29.11.1995 - 22 A 211/95 -)

  

Tatbestand

 1 Die Kläger hatten im Jahre 1993 einen Wohnwagen mit 20 qm Grundfläche auf dem Gebiet der Stadt ganzjährig aufgestellt. Mit Bescheid vom 23.11.1993 zog der Beklagte die Kläger zu einer Zweitwohnungssteuer für diesen Wohnwagen in Höhe von 61,20 DM für das Jahr 1993 heran.

2 Grundlage der Heranziehung war die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Stadt vom 22.12.1992, die u. a. folgende Regelungen enthielt.

§ 2

3 Steuergegenstand

4 (1) Gegenstand der Steuer ist das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet. (2) Eine Zweitwohnung ist jede Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung für seinen persönlichen Bedarf oder den persönlichen Bedarf seiner Familienmitglieder innehat. Eine Wohnung verliert die Eigenschaft als Zweitwohnung nicht dadurch, daß sie vorübergehend anders genutzt wird. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als drei Monaten. (3) Als Wohnungen gelten auch alle Mobilheime, Wohnmobile, Wohnwagen und Campingwagen, die zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs auf eigenen oder fremden Grundstücken für einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum aufgestellt werden.

5 Nach erfolglosem Vorverfahren haben die Kläger Klage erhoben, das VG abwies. Die Berufung der Kläger führte zur Aufhebung des Steuerbescheides.

 Entscheidungsgründe

 

 6 Für die Heranziehung der Kläger zur Zweitwohnungssteuer fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage, da die Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt unwirksam ist.

7 Die Unwirksamkeit der Satzung folgt daraus, daß die durch den Oberkreisdirektor des Kreises erfolgte Genehmigung der Satzung nach § 2 Abs. 3 Satz 1 KAG NW ihrerseits unwirksam ist. Es fehlt nämlich an der nach § 2 Abs. 3 Satz 1 KAG NW erforderlichen Zustimmung des Innenministers und des Finanzministers NW, von der hier die Wirksamkeit der Genehmigung der Steuersatzung wegen der in der Satzung geregelten Besteuerung des nicht nur vorübergehenden Abstellens von Wohnwagen pp. zu persönlichen Zwecken abhängt.

8 Nach § 2 Abs. 3 KAG NW bedarf die Genehmigung einer Abgabensatzung zu ihrer Wirksamkeit dann der Zustimmung, wenn mit der Satzung eine im Lande nicht erhobene Steuer erstmalig oder erneut eingeführt werden soll. Diese Voraussetzungen liegen hier bezüglich der in § 2 Abs. 3 der Satzung geregelten Besteuerung des nicht nur vorübergehenden Abstellens von Mobilheimen, Wohnmobilen, Wohnwagen und Campingwagen vor, denn eine derartige Steuer ist bisher im Land Nordrhein-Westfalen nicht eingeführt (jedenfalls noch nicht wirksam, nämlich mit der nach § 2 Abs. 3 KAG NW erforderlichen ministeriellen Zustimmung).

9 Wirksam eingeführt ist mit Zustimmung des Innenministers und des Finanzministers die Besteuerung von Zweitwohnungen entsprechend § 2 Abs. 2 der Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt seit der Bekanntmachung der Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Winterberg im September 1990 (Zustimmungserlaß vom 30.8.1990 - Innenministerium III B 4 - 4/110 - 3185/90 und Finanzministerium KomF - 1136 -1 - I A 4). Mit dem von dieser Zustimmung betroffenen Steuergegenstand deckt sich der Steuergegenstand des § 2 Abs. 3 Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt nicht, denn er betrifft nicht das Innehaben von Zweitwohnungen im Sinne des der Winterberger Regelung entsprechenden § 2 Abs. 2 der Satzung. Vielmehr  s e t z t  er zu Zwecken der Steuererhebung lediglich die Wohnwagen und anderen Fahrzeuge den Zweitwohnungen  g l e i c h , ohne daß es sich bei diesen tatsächlich um Zweitwohnungen im Sinne der Winterberger Satzung und des § 2 Abs. 2 der Satzung handeln muß. Im Gegenteil: typischerweise handelt es sich bei Mobilheimen, Campingwagen oder Wohnwagen oder Wohnmobilen, auch wenn sie nicht nur vorübergehend abgestellt sind, gerade nicht um Wohnungen.

10 Für diese Wertung geht der Senat mit dem VGH Mannheim

11 - vgl. dessen Beschluß vom 15.6.1982 - 2 S 567/80 -, ZKF 1983, 33 -

12 davon aus, daß nur dann von einer "Zweitwohnung" gesprochen werden kann, wenn die Merkmale einer "Wohnung" vorliegen. Das, was nicht geeignet ist, zu Wohnzwecken zu dienen, kann nicht "Wohnung" und damit auch nicht Zweit-"Wohnung" sein. Hieraus resultiert, auch darin folgt der Senat dem VGH Mannheim, daß von einer Wohnung nur gesprochen werden kann, wenn die betreffenden Räume eine Mindestausstattung aufweisen. Ob dem VGH Mannheim im einzelnen bei der Aufzählung der Merkmale zu folgen ist, die nach der genannten Entscheidung diese Mindestausstattung ausmachen ("Kochgelegenheit, Wasserversorgung, Ausguß, Toilette und Heizungsmöglichkeit"), bedarf im vorliegenden Fall keiner Klärung. Selbst wenn man auf einzelne dieser Merkmale für die Beurteilung, ob es sich bei einem Objekt um eine Wohnung handelt, verzichten wollte, so sind zahlreiche, nicht nur vorübergehend abgestellte Wohnwagen und Campingwagen, Mobilheime und Wohnmobile nicht als Wohnungen zu qualifizieren, weil sich in ihnen nicht wohnen läßt. Erst durch die Inanspruchnahme der zentral zur Verfügung gestellten Einrichtungen der Plätze, auf denen sie abgestellt sind, insbesondere der Einrichtungen für die Körperhygiene, wird es möglich, in ihnen einen längeren Zeitraum zu verbringen, nicht anders wie es etwa in größeren Hauszelten, wie sie sich auf Campingplätzen finden, der Fall ist.

13 Hinzu kommt, daß die in § 2 Abs. 3 der Satzung genannten Fahrzeuge, auch wenn sie fest auf Campingplätzen oder an anderen Stellen abgestellt sind, von der Zweckbestimmung, die sie durch die Nutzer erhalten, häufig nicht zum "Wohnen" bestimmt sind. Gerade im Umfeld der Ballungsräume dienen sie, ähnlich wie die Hütten in Kleingartenanlagen, der Wochenenderholung, sind eine Stelle, an der man seine Freizeit verbringt, gelegentlich auch übernachten kann, an der man aber nicht wohnt.

14 Entsprechend den vorstehenden Überlegungen sind, soweit der Senat dies übersieht, Campingwagen und ähnliches bisher in der Rechtsprechung und in der Literatur durchgängig nicht als Zweitwohnungen angesehen worden. Allein Birk in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 1995, Rdnr. 217 zu § 3 KAG, ist der Auffassung, daß es der jeweiligen örtlichen Satzung überlassen bleibe zu regeln, was eine Zweitwohnung im Sinne der Steuererhebung sei. Die übrigen vom Beklagten für seine gegenteilige Rechtsauffassung angeführten Belege stützen seine Auffassung nicht, sondern besagen - zum Teil ausdrücklich - das Gegenteil. So heißt es in dem vom Beklagten angeführten Aufsatz von Bayer in KStZ 1991, 2 ff. und 23 ff. (26):

15 "Der Wohnwagen auf dem Campingplatz ist, um nur das hier noch zu erwähnen, keine 'Wohnung', es wäre der Stadt Winterberg allerdings erlaubt, ihn, wenn sie wollte, im Wege ausdrücklicher Regelung zu einer Art der 'Wohnung' zu machen."

16 Ob die Stadt Winterberg für die Genehmigung einer solchen Regelung einer erneuten Zustimmung nach § 2 Abs. 3 Satz 1 KAG NW bedürfte oder nicht, dazu sagt Bayer nichts.

17 Im ebenfalls vom Beklagten angeführten Aufsatz von Rhein/Eschenbach, StGR 1990, 288, wird unter Verweis auf den Wohnungsbegriff in verschiedenen Rechtsgebieten und unter Anführung zahlreicher Literaturstellen ausführlich dargelegt (291), daß es sich bei Campingwagen gerade nicht um Wohnungen handelt. Der Beklagte, der sich auf diesen Aufsatz, der sich allerdings für die Erhebung von Zweitwohnungssteuer für Wohnwagen und Campingwagen ausspricht, beruft, verkennt, daß es hier nicht um die Frage geht, ob zulässigerweise der für das Aufstellen von solchen Wagen betriebene Aufwand einer an der Zweitwohnungssteuer orientierten Aufwandsteuer unterworfen werden darf - dazu hat das VG zutreffende Ausführungen gemacht -, sondern darum, ob der Steuergegenstand "Innehaben einer Zweitwohnung" und der Steuergegenstand "Abstellen von Mobilheimen, Wohnmobilen, Wohnwagen und Campingwagen zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs" im Hinblick auf § 2 Abs. 3 Satz 1 KAG NW identisch sind. Das aber ist zu verneinen.

18 Wie der Beklagte vermischt auch die Kommentierung von Birk, aaO., unzulässigerweise zwei Fragestellungen, nämlich die - im vorliegenden Zusammenhang nicht relevante -, ob Campingwagen u.ä. durch den kommunalen Satzungsgeber der Zweitwohnungssteuer unterworfen werden  d ü r f e n , indem er  r e g e l t , daß diese als Zweitwohnungen im Sinne der Satzung behandelt werden sollen, und die - hier interessierende -, ob sie auch  o h n e  eine solche ausdrückliche Regelung als Wohnungen zu qualifizieren sind. Nur auf den letzten Gesichtspunkt kommt es hier an, denn die Winterberger Satzung, auf deren Genehmigung sich die vom Innenminister und Finanzminister erteilte Zustimmung bezog, regelte eben gerade  n i c h t , daß Wohnwagen u.ä. (fiktiv) als Wohnungen gelten sollten, sondern beschränkte sich auf Zweitwohnungen im Eigensinn. Die diese Regelung abdeckende Zustimmung konnte deshalb Wohnwagen und Campingwagen u.ä. nur erfassen, wenn diese auch ohne ausdrücklich Regelung des Satzungsgebers als Wohnungen zu qualifizieren sind. Dieser Auffassung war - zutreffend - offensichtlich selbst der Rat der Stadt Xanten nicht, denn die von ihm getroffene besondere Regelung des § 2 Abs. 3 der Satzung über die Besteuerung von für den persönlichen Lebensbedarf aufgestellten Campingwagen u.ä. wäre völlig überflüssig, wenn diese ohnehin als Wohnungen zu qualifizieren wären und deshalb bereits unter den Steuergegenstand nach § 2 Abs. 2 der Satzung fielen.

19 Auch der VGH Mannheim, auf den sich der Beklagte in Übereinstimmung mit Birk aaO. beruft,

20 - vgl. Urteil vom 31.7.1986 - 2 S 892/85 -, BVlBW 1987, 269 -

21 nimmt nicht an, daß Wohnwagen und Campingwagen "Zweitwohnungen" seien, sondern prüft die Voraussetzungen für eine deren Aufstellung erfassende Aufwandsteuer selbständig und unterscheidet stets zwischen "Zweitwohnungen" und den der Steuerpflicht unterliegenden Wohnwagen und Campingwagen, wobei er die für die Besteuerung der einen entwickelten Kriterien auf die anderen überträgt.

22 Daß die Meldegesetze einen Wohnungsbegriff verwenden, der - u.a. - auch Wohnwagen erfaßt, die nicht oder nur gelegentlich fortbewegt werden, ist ohne Bedeutung. Diese Gesetze definieren den Begriff jeweils "im Sinne dieses Gesetzes" und damit ausgerichtet an dem Zweck, dem die Meldegesetze dienen, nämlich die Identität und den Aufenthalt von Personen zu erfassen. Bei der Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer geht es jedoch nicht darum, wo jemand wohnt, sondern darum, ob er für ein als Zweit-"Wohnung" charakterisiertes Objekt einen besonderen Aufwand betreibt, indem er dieses Objekt zum Wohnen nutzt oder vorhält. Der Wohnungsbegriff des Melderechts ist deshalb für einen solchen, auf eine spezifische Art des Aufwandes abstellenden Regelungszusammenhang unverwertbar.

23 Die unterlassene Einholung der nach § 2 Abs. 3 Satz 1 KAG NW erforderlichen Zustimmung der Ministerien führt - kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung - zur Unwirksamkeit der vom OKD des Kreises ausgesprochenen Genehmigung der Satzung. Diese Unwirksamkeit erfaßt die Genehmigung als  g a n z e s und nicht nur insoweit, als sie sich auf Regelungen bezieht, die die im Lande erstmals erhobene Steuer für Wohnwagen und Campingwagen betreffen. Ein derartiges Verständnis der Wirkung des § 2 Abs. 3 Satz 1 KAG NW entspricht nicht nur dem Wortlaut der Bestimmung, sondern ist aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit geboten. Eine nur teilweise Unwirksamkeit hätte nämlich zur Folge, daß weder für den Satzungsgeber noch für den Rechtsunterworfenen erkennbar wäre, wieweit der verbliebene wirksame Teil der Genehmigung reicht. Bei einer Teilgenehmigung, die durch die in der Genehmigung ausdrücklich vorgenommenen Einschränkungen klar erkennen läßt, wie weit sie reicht, ist der Rat in die Lage gesetzt, durch einen Beitrittsbeschluß seine Rechtsetzungsentscheidung dem Umfang der Genehmigung anzupassen, und kann der Rechtsunterworfene überprüfen, ob Satzungswille und Genehmigungswille inhaltlich übereinstimmen. Eine wegen fehlender Zustimmung der Ministerien bewirkte, "verdeckte" Teilgenehmigung würde demgegenüber nicht erkennen lassen, welche Teile der Satzung sie abdeckt und welche nicht, sondern setzte eine vorherige eingehende Analyse und rechtlich Würdigung der Satzung voraus, um feststellen zu können, welche ihrer Bestimmungen die Einführung einer neuen Steuer betreffen und ob und in welchem Umfang diese von sonstigen, einer Zustimmung nach § 2 Abs. 3 Satz 1 KAG NW nicht bedürfenden Bestimmungen geschieden werden können. Ein solches Ergebnis wäre mit dem Rechtsstaatsprinzip jedoch nicht vereinbar, das für die Normsetzung Klarheit darüber verlangt, welche Regelungen nach dem Willen der am Normsetzungsverfahren Beteiligten gelten sollen und welche nicht.

24 Die Gesamtunwirksamkeit der Genehmigung hat zur Folge, daß die Satzung insgesamt ungenehmigt und damit unwirksam ist.

25 Im übrigen wäre vorliegend selbst dann, wenn man - abweichend von der Rechtsauffassung des Senats - davon ausgehen wollte, daß sich die aus der Unwirksamkeit der Genehmigung folgende Unwirksamkeit der Satzung unmittelbar nur auf die Vorschriften zur Besteuerung der Wohnwagen und anderen Fahrzeuge ausgewirkt hätte, die ganze Satzung nach § 139 BGB unwirksam. Da nämlich - nach den von den Vertretern des Beklagten in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erläuterungen die Einführung der Zweitwohnungssteuer in gerade die Dauercampingplätze und ihre Nutzer im Auge hatte und eigentliche Zweitwohnungen dagegen in keine Rolle spielen, ist davon auszugehen, daß der Rat ohne die Regelungen über die Wohnwagen und Campingwagen die ganze Satzung nicht beschlossen hätte.

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